Vortragstexte

Einführung

Prof. Dr. Nicola Marsden

Vortrag 9:30 – 10:00 Uhr | Plenum

„Was haben Sie gestern gemacht? Was haben Sie heute vor zu tun und was sind die Hindernisse, die wir aus dem Weg räumen können?“ Mit diesen Fragen ans Publikum, die typisch für agile Methoden sind, eröffnete Nicola Marsden ihren Einführungsvortrag und pointierte damit das Thema des ersten GEWINN-Fachtags. Der Fokus des Fachtags bestand darin, sich dem Thema Agilität aus einer Genderperspektive zu nähern. Kernziel des Diskurses ist, den Transfer aus den Gender Studies in die Informatik und wieder zurück zu schaffen sowohl in die Forschung als auch in die Praxis. Firmen haben Themen, die sie bearbeiten möchten: Wie schaffen sie es, Software, Methoden und Fachkulturen gendergerecht zu gestalten?

Die unterschiedlichen Perspektiven ergeben zwei Spannungsfelder: Zum einen zwischen Forschung und Praxis und zum anderen zwischen Struktur und Individuum: „Wie kann ich mit Vergeschlechtlichungen umgehen und wie kann ich Gender in seiner ‚Gemachtheit‘ verstehen?“ Und auf der Seite der Praxis ergibt sich die Frage: „Was folgt daraus für meine praktische Arbeit?“ Bei Geschlecht geht es auch um eine Ebene die strukturell ist, deshalb gibt es ein weiteres Spannungsfeld zwischen Struktur auf der einen Seite und der Person bzw. dem Individuum auf der anderen Seite.

Auf der strukturellen Ebene geht es um die Organisation und um Vorgehensmodelle: Welche Werte werden bei dem Thema Agilität vertreten, welche Funktionsrollen gibt es, die Organisationen und Abteilungen in den Firmen bewegen? Ausschlüsse, Machtstrukturen und Beteiligung spielen dabei ebenfalls eine entscheidende Rolle. Auf der Ebene der Person geht es um den eigenen Umgang damit in agilen Teams und der Gestaltung des persönlichen Alltags. Unterschiedliche Fragen ergeben sich daraus: Das Thema Gender ist wichtig, aber was ist jetzt zu tun? Wie machen wir das richtig? Was müssen wir dabei beachten? Wie spielt Geschlecht jetzt hier eine Rolle? Und was macht Vergeschlechtlichung mit Personen? Da agile Methoden eher werte-orientiert sind, können Unternehmen daraus den Schluss ziehen, dass Frauen sich davon besonders angesprochen fühlen. Agil ist aber per se bereits ein brillanter Begriff denn wer möchte nicht agil sein?

Im Folgenden ging Nicola Marsden darauf ein, woher der Begriff Agilität stammt. Er geht zurück auf das agile Manifest aus dem Jahr 2001. Es war eine Zeit, in der große Softwareprojekte scheiterten und deutlich wurde, dass die aufgestellten Pläne nicht funktionierten. Agile Methoden sind u. a. XT, Crystal, Lean und schließlich die am weitesten verbreitete Methode SCRUM. XT und Crystal sind sogenannte „programmer-pride movements“, die entstanden sind, um sich gegen das Management durchzusetzen. Es ging dabei um das Empowerment der programmierenden Entwicklungsteams und darum, die Verantwortung von den „Ahnungslosen“ im Management in die agilen Teams zu verlagern.

Speziell SCRUM ist den anderen Methoden an unterschiedlichen Stellen überlegen. Die Prozesshaftigkeit und die verschiedenen Rollen, die Personen in agilen Teams einnehmen, sind spezielle Merkmale von SCRUM. Da gibt es die Rolle des SCRUM Masters, der sich um sein Team kümmert, es unterstützt und Hindernisse aus dem Weg räumt. Ist das eine Rolle, die besonders geeignet ist für Frauen? Ist sie eine besonders gute Rolle? Eine weitere Rolle ist die des Product Owners, der die Perspektive der Kund/innen einnehmen soll. Auch hier stellt sich die Frage, ob dies eine besonders für Frauen geeignete Rolle ist, um unterschiedliche Perspektiven einzubringen.

In der Praxis wurde beobachtet, dass Product Owner nach Umstellung auf agile Methoden häufig die Personen sind, die vorher Projektleitung waren und sich nun als Vermittlungsinstanz der Kund/innen verstehen. Dabei machten sie die Erfahrung, dass ihnen in der neuen Rolle weniger Wertschätzung entgegengebracht wurde als in ihrer vorherigen Rolle der Projektleitung. Dies betraf mehrheitlich Frauen.

In ihrem Twitter-Feed @leftoblique stellt Dana Fried die Behauptung auf, dass SCRUM dazu diene, Programmierer dazu zu bringen miteinander zu kommunizieren und dabei Konsens in der Abwesenheit von Frauen herzustellen. Es folgte Widerspruch: SCRUM sei eine Methode, um Programmierer überhaupt zum Kommunizieren zu kriegen und dabei sei „No gender involved.“ Als Genderforscherin ist klar: Wenn Geschlecht in den Methoden keine Rolle spielt, wo denn dann? Dabei lohnt sich noch einmal ein Blick auf das Agile Manifest. Es wurde von 21 Männern unterschrieben und das stilisierte Hintergrundbild der Manifestentwicklung zeigt ausschließlich Männer. Hier ist alles normal, hier spielt Geschlecht scheinbar keine Rolle. Stattdessen ist Geschlecht unsichtbar gemacht. Wäre das Agile Manifest ausschließlich von Frauen entwickelt und auf die gleiche Weise dargestellt, so würde niemand glauben, dass Geschlecht keine Rolle spiele.

In den Mehrheitsverhältnissen und der Darstellung sind bereits massive Vergeschlechtlichungen erkennbar. Dabei stellt sich dann die Frage, wie diese sichtbar gemacht werden können. Wie hängen Teilhabe und Machtstrukturen zusammen? Wenn von Empowerment gesprochen wird: Wer wird hier eigentlich ermächtigt? Und wie wird Selbstorganisation umgesetzt? Welche Werte kommen hier zum Einsatz? 

In SCRUM werden klare Aussagen dazu gemacht, was wertvoll ist und was nicht. Was keinen Wert hat, ist „waste“. Der Begriff umfasst unnötige Aufgaben wie Projektplanung, Anforderungsanalyse und Softwarearchitekturen. Somit werden die Anforderungen der Nutzer/innen seltener erhoben und klassischerweise werden die Aufgaben abgetan, die weiblich konnotiert sind, wie z. B. auch die Dokumentation. Die strukturelle Ebene umfasst auch die Frage nach der Bezahlung im Hinblick auf Gender Pay Gaps. 

Sprache gibt einen weiteren Einblick in das Selbstverständnis der Erfinder agiler Methoden. Bertrand Meyer, der die Programmiersprache Eiffel geschrieben hat, analysiert in seinem Buch „Agile! The Good, the Hype and the Ugly” die Rhetorik in Texten zu Agilität. Es herrscht folgender Gestus vor: „Die Softwareindustrie hat Sie 40 Jahre lang schlecht bedient, wir wollen das ändern!“ Oder: „Funktionierende Software in 30 Tagen.“ Einschüchterung, Katastrophisieren und sich gleichzeitig bedeckt halten sind rhetorische Mittel in Texten zur Agilität.

Innerhalb dieser Kultur sind auch immer Subkulturen stark ausgeprägt. Dabei stellt die Community „Play4Agile“ folgende Werte in den Vordergrund: sich kümmern, sorgen, helfen, austauschen und unterstützen, sich wertschätzen und auf die Beziehungsebene achten. Lego4SCRUM legt dabei den Fokus besonders auf die spielerischen Elemente agiler Methoden. In existierenden Subgruppen interessieren aber auch Mehrheitsverhältnisse und dabei spielt Geschlecht eine große Rolle. Gruppen verfügen über ein hohes, intrinsisches Motivationspotenzial, das in der agilen Methodik verwendet wird. Mit dem Schlagwort „control by love“ wird sichtbar, dass dieser Druck auch genutzt werden soll. Es ist zu beobachten, dass Frauen den Gruppendruck auch tatsächlich deutlicher spüren als Männer.

Dass solche geschlechterbezogenen Verzerrungen („Gender Bias“) als sozialpsychologische Phänomene existieren, wird auch bei agilen Konferenzen thematisiert. In ihrem Lightning Talk weist Joanna Vahlsing darauf hin, dass bei der hohen Bedeutung von Feedbackprozessen in der agilen Softwareentwicklung solche Verzerrungen ebenfalls berücksichtigt werden müssen. Das gleiche Verhalten wird unterschiedlich beurteilt, je nachdem, ob es von einem Mann oder einer Frau gezeigt wird.

Auf der Forschungsseite ist es wichtig, sich zu vergegenwärtigen, dass diese Verzerrungen kaum beeinflusst werden können. Die moderne Stereotypenforschung zeigt uns, dass Frauen z. B. stärker abgestraft werden, wenn sie sich dominant verhalten. Dies zeigt sich ebenfalls, selbst wenn die Stereotype bekannt sind, da in der akuten Interaktion mit ihnen das reduzierende Pseudowissen aktiviert wird. Es ist allgemein akzeptiert, dass Frauen sich genauso verhalten dürfen wie Männer, dennoch entsteht zwischen der kognitiven Ebene und der Diskriminierungsebene sofort die Assoziation, die zur verstärkten Abstrafung führt. Daher sind diejenigen Rollen für Frauen besonders gut geeignet, die sowohl Dominanz als auch Empathie/Fürsorge miteinander verknüpfen.

Auf der Ebene der Person finden sich interindividuelle Unterschiede entlang des Geschlechts im Hinblick auf Selbststereotypisierung. Ein wichtiger Bestandteil unseres Selbstbildes ist, sich angemessen zu präsentieren. Personen müssen sinnvoll agieren können in einem Umfeld, das ihnen geschlechterbezogene Einordnung und Wertschätzung entgegenbringt. Um den stereotypengeleiteten Erwartungen des Umfeldes zu entsprechen, setzen sich Frauen eher für andere ein. Dies führt dazu, dass diesen die Ziele der Kundschaft wichtiger sind als Männern in der gleichen Situation.

Grundsätzlich kann gesagt werden, dass Frauen eine agile Herangehensweise im Vergleich zu Männern bevorzugen. In der SCRUM Community startete eine Frau eine Befragung, wie sich weibliche und männliche SCRUM Master in Bezug auf das eigene Selbstverständnis unterscheiden. Ebenfalls ergeben sich auch ganz banale Umstände, wie bspw. eine User Story verfasst werden kann, um die Relevanz nicht-binärer Felder hervorzuheben.

Die hier aufgezeigten Fragen, Beispiele und Ansatzpunkte sollen als Rahmen dienen für die Diskussion der weiteren Inhalte des ersten GEWINN-Fachtags. Nicola Marsden betonte abschließend, dass es vor allem um die individuellen Sichtweisen gehen wird und forderte die Teilnehmer/innen auf, in die Tiefe zu gehen. Alle Perspektiven sind richtig und wichtig und bei diesem Fachtag gut aufgehoben.

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Agile Softwareentwicklung aus den Perspektiven der Geschlechterforschung

Prof. Dr.-Ing. Corinna Bath

Vortrag 10:00 – 10:45 Uhr | Plenum

In ihrem Vortrag legte Corinna Bath zu Beginn dar, dass sie Geschlechterforschung in den Technikwissenschaften vor allem als Reflexionswissenschaft betrachtet. Sie untersuche die Annahmen, mit denen ihre Kolleg/innen z. B. im Maschinenbau arbeiten. Was stecken für Annahmen in wissenschaftlichen Versuchsaufbauten, was wird in Fragen und Thesen vorausgesetzt? Weiterhin schwingt dabei die Frage der Ungleichheit immer mit. Wie wirkt sich Differenz in der Technikentwicklung aus, wie werden daraus Hierarchie und Ungleichheit? Und umgekehrt: Wie wird durch Technik gesellschaftliche und soziale Ungleichheit produziert?

Im Folgenden führte Corinna Bath aus, dass die Hoffnung, mehr Frauen für die Informatik und Softwareentwicklung durch Agilität zu gewinnen, eine häufig zu findende These im Diskurs ist. Es wird angenommen, dass die Prinzipien der agilen Methoden zu dem passen, was als weiblicher Führungsstil identifiziert wird. In den zwölf Prinzipen des agilen Manifests identifiziert zum Beispiel Nancy Russo zahlreiche Hinweise darauf, dass hier das Weibliche in den zwölf Prinzipien des agilen Manifests zu verorten ist. Nach Nancy Russo gelten die folgenden als besonders weiblich: So stellt sie dem Prinzip „Unsere höchste Priorität ist es, den Kunden durch frühe und kontinuierliche Auslieferung wertvoller Software zufrieden zu stellen“ die weibliche Praxis gegenüber: „Frauen denken an andere, an die Gemeinschaft.“

Corinna Bath stellt die Frage, ob das eigentlich zusammenpasse. Ist es wirklich das „an andere denken“, was dahintersteckt, oder stehen nicht viel mehr wirtschaftliche Aspekte dahinter? Auch die weiteren Prinzipien sind mit den von Russo gegenübergestellten Praktiken infrage zu stellen. Ist es denn tatsächlich so, dass bspw. die Punkte ‚Offenheit für neue Erfahrungen’ und ‚Fokus auf den Prozess’ weibliche Arbeit charakterisieren? 

Hierbei stellt sich die Frage, ob es sich dabei um wissenschaftliche Beschreibungen im Sinne einer beobachteten Herausstellung von Unterschieden handelt oder ob sie eher Stereotype widerspiegeln. Passt es tatsächlich, dass Kommunikationsfähigkeit, Beziehungsfähigkeit und Teamwork Weiblichkeit kennzeichnet, während Männlichkeit durch diese klassischen Softwareaspekte wie Analyse, Implementierung und Programmierung charakterisiert ist?

Corinna Bath führt aus, dass für eine Frau die Verortung schwierig ist, sobald sie die typisch männlichen Aspekte in ihrer Sozialisation erlernt hat: „Bin ich dann eine Frau?“ Seit den 90er Jahren wurde viel Fachliteratur zu dieser Dichotomisierung von männlichem und weiblichem Verhalten sowie zu Führungsstilen veröffentlicht. Dies bringt Frauen, die in männlichen Domänen und Berufsfeldern arbeiten, in Schwierigkeiten sowohl bezüglich ihrer Selbstidentifikation als auch durch Zuschreibungen von außen. 

Was aber macht weiblichen Führungsstil aus? Die folgenden Charakterisierungen wurden identifiziert:

  • Macht teilen
  • Inklusion
  • Beratung
  • Konsens
  • interaktives Arbeiten
  • freie Weitergabe von Informationen
  • Ermutigung von Angestellten durch zuhören und unterstützen
  • Partizipation der Angestellten und gegenseitiges Vertrauen

Diese Aspekte werden herangezogen, um zu begründen, warum agile Methoden besonders für Frauen geeignet sind. Es ist zu fragen, ob das in theoretischen Konzepten zu Agilität einerseits und bei den Frauen selbst andererseits wiedergefunden werden kann. Dies ist aus aus Perspektive der Geschlechterforschung kritisch zu sehen, weil hier Frauen von Männern unterschieden werden und vorausgesetzt wird, dass die Unterschiede zwischen den Geschlechtergruppen als größer erachtet werden als Unterschiede innerhalb der Geschlechtergruppen. Wir bevorzugen in der Geschlechterforschung aber Modelle, die erforschen, wie es zu diesen Unterscheidungen kommt und ob es diese Unterschiede wirklich gibt oder sie nur stereotype Annahmen sind.

Die Alltagstheorie der Zweigeschlechtlichkeit wird dabei kritisch betrachtet, da in solchen Verständnissen durchscheint, dass es zwei und nur zwei Geschlechter gibt und diese gegenseitig aufeinander bezogen sind. Auch sind hier keine sogenannten intersektionalen Aspekte enthalten, die sich inzwischen in der Geschlechterforschung durchgesetzt haben. Intersektionalität bedeutet, dass Mehrfachdiskriminierungen bspw. in Bezug auf Geschlecht, sozialen Status, ethnischen und sozialen Herkünften, unterschiedlichen Alters und unterschiedlichen ökonomischen Hintergründen analytisch herausgearbeitet werden können. Es gibt jedoch mehr Unterschiede und Differenzierungen sozialer Ungleichheitskategorien, die eine Rolle spielen und die in geschlechterstereotypen Annahmen nicht reflektiert werden.

Ein weiteres Problem der Beschreibungen besteht darin, dass sie Machtverhältnisse ignorieren. Machtverhältnisse sind aber ein Kernthema der Geschlechterforschung. Es geht nicht nur darum, ob Geschlechter unterschiedlich sind, sondern wie Hierarchien auch praktisch immer wieder hergestellt werden. Und gerade die Frage nach geschlechtlichen Hierarchien bleibt bei der These, dass Agilität eine Hoffnung auf mehr Beteiligung von Frauen in Informatik und Softwareentwicklung beinhalte, ausgeklammert. 

Aus der Perspektive der Informatik wird schon lange darüber debattiert, dass agile Methoden besser sind als das klassische Wasserfallmodell. Letzteres führte in der Praxis häufig dazu, dass Software in der gewünschten Form nicht auslieferbar war. Häufig wird wieder auf das Wasserfallmodell zurückgegriffen, um agile Methoden herauszustellen und deren Wert zu beleuchten. Damit wird jedoch ignoriert, was es an kritischen Auseinandersetzungen seit den 70er Jahren gegeben hat. Hier tritt die typische Herangehensweise hervor, da Dinge immer wieder neu erfunden werden und das Historische in den Hintergrund tritt. Seit den 70iger Jahren hat es Vorschläge für iterative und für nutzungsorientiertere Modelle in der Softwareentwicklung gegeben, und auch die Objektorientierung hat sich letztendlich gegen das Wasserfallmodell abgegrenzt. Diese Debatten werden in Bezug auf Agilität gar nicht benannt.

Prof. Dr. Corinna Bath während ihres Vortrags "Agile Softwareentwicklung aus den Perspektiven der Geschlechterforschung"

Agile Softwareentwicklung aus den Perspektiven der Geschlechterforschung

Anfang 2000 herrschte eine Fach- und Arbeitskultur vor, in der sämtliche Grenzen zeitlich und räumlich überschritten wurden. Die Bereiche Familie und Freizeit wurden zugunsten einer hohen Arbeitsauslastung vernachlässigt. Tatsächlich besteht der Anspruch, dass Agilität einen nachhaltigen Arbeitsstil fördert. Die großen Peaks kurz vor Auslieferung der Software sollen vermieden werden, um damit auch eine bessere Work-Life-Balance herzustellen. Die Argumentation, dass dies besonders für Frauen gut ist, kann indirekt die Annahme eines traditionellen, heterosexuellen Familienbildes enthalten. Eine Work-Life-Balance müsste konsequent für alle unterstützt werden. Hinter der Idee, dass ein nachhaltiger Arbeitsstil förderlich für Frauen ist, steckt letztendlich die Unterstellung: Frauen sind allein für die Kinder zuständig.

Zuletzt bleibe die Frage offen, wie Studentinnen und potenzielle Softwareentwicklerinnen erreicht werden können, selbst wenn von der Annahme ausgegangen wird, dass agile Methoden besonders anziehend für Frauen sind. Ist es möglich, damit Werbung in der Gesellschaft zu machen? Oder geht es eher darum, die Frauen, die schon in der Informatik sind, zu halten?

Softwareentwicklerinnen in die Praxis zu bekommen ist schwer. Über Universitäten wurde schon viel probiert und etliche Unterstützungsprogramme immer wieder geändert. Das Problem ist: Der Missstand kommt nicht immer in der Gesellschaft an. Corinna Bath erinnerte dabei an den CSI-Effekt: Durch die große Popularität von Krimi-Serien mit kriminologischer Hightech-Beweisführung, wurde erreicht, dass die Anzahl der Interessierten an Naturwissenschaftlichen Fächern stark anstieg.
Bei dieser genaueren Betrachtung wird die Eingangsthese, dass Agilität besonders Frauen in die Informatik ziehen könnte, in mehreren Hinsichten fragwürdig. Die stereotype Argumentationsstruktur, dass Technik mit Männlichkeit und sozial und kommunikativ mit Weiblichkeit assoziiert wird, muss aufgebrochen werden. Im Folgenden führt Corinna Bath unter der Überschrift „Technisch vs. Soziales in der Informatik“ einige historische Aspekte an.

Es gab seit den 1970er Jahren bereits pointierte Positionen, Nutzende in den Entwicklungsprozess einzubeziehen. Dabei ist es vielleicht historisch betrachtet kein Zufall, dass sich besonders Frauen hier engagiert haben. Christiane Floyd war eine der ersten, die versuchte, Partizipation in die Softwareentwicklung in die Debatten der Informatik einzubringen. Sie hat sich als eine der ersten Professorinnen für Informatik in Deutschland in die damals absolut männlich dominierte Fachwelt hineingewagt und hatte massive Schwierigkeiten, fachlich anerkannt zu werden. Sie selbst beschrieb, dass einseitig formale und technische Methoden bevorzugt wurden.

Corinna Bath nennt weiter Ina Wagner und Susanne Maaß, die sehr stark partizipative Methoden favorisieren und damit gearbeitet haben. Dennoch ist dieser Weg noch immer nicht anerkannt und hat sich nicht durchgesetzt. Britta Schinzel wiederum hat in der Theoretischen Informatik die Frage danach gestellt, was eigentlich die Grundlagen der Disziplin sind. Sie hat dabei feministische Interventionen vorangetrieben und ethische und gesellschaftliche Verantwortung thematisiert.

Heidi Schelhowe hat sich in der Debatte darum, was eigentlich das Verständnis des Computers ist, stark gemacht. In den 90er Jahren wurde diskutiert, ob der Computer eine Maschine, ein Werkzeug oder ein Medium ist. Inzwischen ist der Computer gar nicht mehr das einzig ausschlaggebende Artefakt, Computertechnologie ist in vielen Artefakten enthalten. Es hat eine Verschiebung weg von den Algorithmen hin zur Interaktion stattgefunden. Schelhowe verteidigte den Computer als Medium und die damit verbundene Interaktion, womit er in das Soziale hineinreicht. Was wurde mit den vielen Versuchen, das Technische und das Soziale zu verbinden erreicht?

Bei der Betrachtung der Softwareentwicklungsmethoden und dabei insbesondere der partizipativen Methoden hat es eine partielle Integration von unkritischen Anteilen gegeben, angefangen von der Software-Ergonomie, Usability und User Experience (UX). Was aber die gesellschafts-, herrschafts- und wissenschaftskritischen Anteile und insbesondere die Tradition der Partizipation betrifft, so hat sich die Integration eben nicht etabliert, weder an den Universitäten noch in der Praxis.

Noch schwerer wiegt, dass diese Entwicklungen nicht fortgeführt wurden. Professuren mit Geschlechter-Denomination sind weitestgehend abgeschafft worden. Sie wurden umgewidmet und können auf der Ebene nicht mehr zur Entwicklung solcher Zugangsweisen beitragen. Das Fach „Informatik und Gesellschaft“ wird zwar an manchen Standorten noch gelehrt, ist aber als obligatorisches Fach ebenfalls abgeschafft worden und inhaltlich stark auf Datenschutz und Überwachung zugespitzt.

Die Reflexionsräume, die es in der Informatik gegeben hat, sind häufig nicht mehr vorhanden. Partizipation und Reflexion ist aber genau das, was die Geschlechterforschung immer wieder eingefordert hat, um andere Ideen in die Informatik zu bringen und andere Artefakte zu kreieren - auch mit dem Hintergrund, dass dadurch andere Menschen einbezogen werden. Informatik und Gesellschaft ist also keine Zugangsschneise mehr für die Geschlechterforschung in der Informatik.

Weiterhin thematisierte Corinna Bath die Art und Weise, wie die Artefakte betrachtet werden: Welche Bedeutung hat Interaktivität heute? Interaktivität hat nicht die Relevanz bekommen, die sie um 2000 herum hatte. Die Hoffnung, mehr Frauen für die Informatik zu gewinnen, hat sich auch mit dem Hype nicht erfüllt. Auf der Nutzungsebene hat es möglicherweise Veränderungen gegeben, aber nicht in der Informatik und Softwareentwicklung im Sinne einer fachlichen, disziplinären und strukturellen Veränderung. Hier hat sich dies eher ins Gegenteil verkehrt. Was vormals als Interaktivität zwischen Mensch und Maschine gedacht war, verlagert sich nunmehr in die Maschine hinein als KI und ähnliches. Es findet eine Rückverschiebung statt, hin zu den Algorithmen wie in der Anfangszeit der Informatik.

Obwohl es diese Ansätze gegeben hat, führte dies weder dazu, Geschlechterforschung in die Informatik und in die Praxis einzbringen, noch dazu, mehr Frauen für die Informatik zu gewinnen. Dies muss nachdenklich machen. Daher stellt sich die Frage, ob mit solchen Ansätzen wie „Agilität ist besonders weiblich“ wirklich Frauen in die Informatik gebracht werden können und ob damit tatsächlich eine fachliche Veränderung zu erwarten ist.

Was ist also die Prognose für die agilen Methoden? Wofür sind agile Methoden gut? Sind sie für die Implementierung und Programmierung oder für den gesamten Gestaltungsprozess von Software geeignet? Corinna Bath empfiehlt, sie als Implementierungsmethode zu verstehen und in nutzungsorientierte und partizipative Gestaltungsprozesse als größeren Rahmen einzubetten. Hier kann angesetzt werden, um den Genderaspekt, wie er als Partizipation und Reflexion immer wieder benannt wird, in den Softwareentwicklungsprozess zu integrieren. Dazu werden noch Methoden zur Reflexion benötigt, die integriert werden müssen.

Es gilt eine neue Entwicklungsmethodik zu diesen kritischen Ansätzen von Partizipation und Reflexion zu entwerfen und diese mit den agilen Methoden zu verschränken. Durch Überlagerung als Grundidee können die verschiedenen Ansätze miteinander in Kontakt kommen. Dabei wird von Karen Barad und anderen feministischen Theoretiker/innen ausgehend die Idee von Diffraktion oder Interferenz zugrunde gelegt. Dies sei möglicherweise eine Denkrichtung, um das Miteinander von Geschlechterforschung und Informatik zu betrachten. Corinna Bath endet mit dem Bild der Überlagerung von Wellen im Wasser: Sie schlägt vor, Agilität und Geschlechterforschung unter dieser Perspektive zu betrachten: Durch die Interferenzen der aufeinander treffenden Wellen besteht die Möglichkeit, scheinbar Selbstverständliches zu hinterfragen und Unerwartetes sichtbar zu machen.

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Mit dem digitalen Wandel die Attraktivität von IT erhöhen

Jutta Eckstein

Workshop 11.00 – 11.45 Uhr

Mit folgenden Impulsen eröffnete Jutta Eckstein ihren Workshop: Nach einer Statistik (Women in Computer Science, US-Colleges) nimmt die Zahl der Frauen in der Informatik seit den 80er Jahren kontinuierlich ab. Vor den 80er Jahren waren sie in der Sachbearbeitung die vorrangigen PC-Nutzer/innen. Danach wurden Computer nicht mehr für Frauen vermarktet: PCs fanden sich für Jungen unterm Weihnachtsbaum und wurden vorrangig zum Spielen benutzt. Computer erhielten zunehmend einen „nerdigen Charakter“, Mädchen haben derweil den souveränen Umgang mit PCs verloren. Zugleich entwickelten sich Stereotype wie Einzelkämpfertum, „Geeks in Kellern“ sowie die Annahme, dass ein hohes Mathematikniveau Voraussetzung für Computerwissenschaften ist. Aus diesen Gründen wird die Informatik als Studienfach von Frauen gar nicht mehr in Betracht gezogen.

Die beiden Aspekte „Digitaler Wandel“ und „Attraktivität von IT“ wurden von Jutta Eckstein zusammengebracht. Sie betonte, dass im Zuge des digitalen Wandels bzw. der Entwicklung der digitalen Welt alles „volatile, uncertain, complex und ambigious“ wird, also unschärfer und unsicherer, was aber von Jutta Eckstein als Chance gesehen wird. In diese Unsicherheit und Unschärfe gehört die Agilität in der Softwareentwicklung. Dabei wirkt die Agilität auch in die gesamte Gesellschaft und weiteren Kontexten hinein. Sie versteht Agilität auch so, dass darüber nachgedacht werden sollte, wie Herausforderungen begegnet werden könnte, in welche Aufgabenbereiche diese Optimierungen fallen würde und dass Offenheit und Verletzbarkeit durch Agilität möglich sein kann.

  • Digitaler Wandel – bedeutet, dass Digitalisierung eine  Chance und Herausforderung zugleich ist. Die Digitalisierung verändert Branchen drastisch und ist eine Chance: Digitalität ist überall und eigentlich ist jedes Unternehmen heutzutage digital.
  • Agilität in der IT – bedeutet im Sinne einer Vorbildfunktion, dass mit der Digitalisierung Agilität in Unternehmen kommt, die das Thema für sich noch nicht entdeckt haben und sich nicht als IT-Unternehmen verstehen. Agilität geht über die IT hinaus und wird auch in anderen Kontexten relevant.
Referentin Jutta Eckstein während ihres Workshops "Mit dem Digitalen Wandel die Attraktivität von IT erhöhen"

Mit dem Digitalen Wandel die Attraktivit&auml;t von IT erh&ouml;hen

Daran schlossen sich Berichte und persönliche Erfahrungen aus der Praxis an, mit dem Fazit, dass IT oftmals nicht als „normaler Job“ vermittelt wird. Es wurde festgestellt, dass die großen Informatikgeschichten eben Männergeschichten sind und nicht einfach nur ein Job, der erlernt werden kann. Es geht dabei nun nicht darum, wie Heldinnengeschichten gemacht werden, sondern wie vermittelt werden kann, was IT eigentlich ist. Es müsse Neugier auf das Fach geweckt werden. Vielleicht braucht es mehr CSI-Serien, die sich auf Informatikberufe beziehen so dass vorstellbar wird, was Informatiker/innen eigentlich tun.

Jutta Eckstein bat die Teilnehmer/innen sich vorzustellen, dass ein Wunder geschieht: „Morgen früh wachen Sie auf und die Informatik ist plötzlich für alle gleich attraktiv geworden. Woran würden Sie das festmachen, wenn Sie morgens aufwachen und ins Büro gehen? Woran würden Sie das merken?“

Als Fazit stellt Jutta Eckstein heraus, dass der Nutzen von Informatik greifbar gemacht werden muss, damit das Fach interessant wird. Die Digitalisierung wird zukünftig alle Unternehmen zu IT-Unternehmen machen. Frauen in der IT sind eher noch Außenseiterinnen; ihre Kompetenzen müssen stärker gewürdigt werden, um Änderungen voranzubringen. Die Informatik hat noch immer ein „geekiges“ Selbstverständnis, was nur für eine bestimmte Gruppe von Leuten attraktiv ist. Daher braucht es das neue Verständnis, dass Informatik etwas sehr Kreatives ist.

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Umbruch in der Chefetage - Vom Heldentum zur agilen Führung

Wolfgang Zimmermann

Workshop 11.00 – 11.45 Uhr | ca. 21 Teilnehmer_innen

Zu Beginn seines Workshops stellte Wolfgang Zimmermann Ergebnisse einer Erhebung unter 50 Führungskräften (männlich/weiblich) mit konstruktivistischem Zugang vor, woraus er fünf Thesen zur Ausgangslage darlegte:

  • Beim zentralen Engpass in der leitungsfähigen Führung von Organisationen ist die Frage, wie Männer zukünftig ihre Rolle wahrnehmen.
  • „Das Zeitalter der Helden ist vorbei.“ Dies wird zwar in der einschlägigen Literatur oft gesagt, in der Praxis sind jedoch vielfältige andere Beobachtungen möglich, denn dieses implizite Rollenbild ist in den Männern noch tief verankert.
  • Die Männerthematik wird in vielen Publikationen von Seiten der Frauen beleuchtet, findet jedoch in der einschlägigen Führungsliteratur nirgends einen Niederschlag. Hier behilft man sich mit Verallgemeinerungen und spricht weitgehend eine geschlechtsneutrale Sprache ("die gute Führung"), geschweige denn, dass die Thematik aktiv reflektiert wird.
  • Männer sind anders – Frauen auch, Unterschiedlichkeit sollte genutzt werden.
  • Es geht gemeinsam um die Zukunft von Arbeit und Leben jenseits eines Kampfes.

Im zweiten Teil ging es um die Reflexion von „Zukunft der Führung unter dem Genderaspekt und Agilität“. Dafür wählte Wolfgang Zimmermann die Methode des Spiralgesprächs. Es gab einen Innenkreis mit sechs Personen, die reihum ein Statement abgaben. Dabei sollte keine Diskussion entstehen und nicht auf die Aspekte der anderen eingegangen werden, sondern Jede/r sollte „bei sich sein“. Die anderen Workshopteilnehmer/innen beobachteten und hörten zu.

In zwei Runden führte Wolfgang Zimmermann ein Spiralgespräch durch, das mit einer kurzen Auswertung endete. Es ging darum, wie sich die Personen im Kreis gefühlt haben und wie die Zuschauer/innen es empfanden. Es gab viele persönliche Äußerungen mit Einblicken in konkrete Probleme aus dem Berufsalltag. Häufig wurde genannt, dass bestimmte Merkmale nach Geschlecht zugeordnet werden, z. B. Kontrolle = männlich, Empathie = weiblich, was auch die Besetzung von Stellen und Aufgaben noch immer beeinflusse.

Weiterhin wurde berichtet, dass es wenig Zutrauen, kein Zuhören und Vereinzelung bis hin zum Verdrängen aus dem Arbeitsbereich gibt. Es wurde von einer Arbeitssituation berichtet, in der es an einer Fehlerkultur mangelte und Bedürfnisse des Teams nicht mehr wahrgenommen wurden, nachdem eine Kollegin das Team verließ, die die soziale Rolle übernommen hatte. Auch Zuschreibungen wie „Sei kommunikativ! Du bist doch eine Frau!“ oder „Du bist wie meine Frau und möchtest alles bestimmen!“ wurden erlebt und als störend im Arbeitsalltag empfunden. Stereotype werden durchgesetzt, indem alles wegdiskutiert wird, was dem Stereotyp nicht entspricht.

Wolfgang Zimmermann spricht stehend vor den Workshopteilnehmer_innen

Umbruch in der Chefetage - Vom Heldentum zur agilen F&uuml;hrung

Als Strategien damit umzugehen, bleiben zwei Möglichkeiten: Entweder alles ausblenden oder aber sich zu viel mit diesen Zuschreibungen, Störungen und subtilen Diskriminierungen befassen, worunter die eigentliche Arbeit leidet. Emotionale Elemente können auch im geschäftlichen Bereich nicht ausgeschlossen werden, da sie wichtig sind und wahrgenommen werden müssen.

Abschließend stellt Wolfgang Zimmermann folgende Fragen: Wie können Innovationen und Talente gefördert, wie wird Transferlernen ermöglicht und wie kann Diversityfähigkeit entwickelt werden? Dabei kam Wolfgang Zimmermann auf die eingangs erwähnte Umfrage zurück, da auch bei Männern auf Führungsebene ein Wunsch nach Veränderung vorliege, sie aber häufig aufgrund sozialer Aspekte und Vorstellungen ihre bestehende Rolle beibehalten würden. Er erhofft sich, dass ein Neuarrangement der Geschlechter auf dieser Ebene einen wesentlichen Teil dazu beträgt, dass Agilität auch in der Führung Einzug erhält. Außerdem nannte Wolfgang Zimmermann zentrale Punkte, die bei der Zukunftsfähigkeit von Führung wichtig sind, wie Verantwortungsübernahme statt Machtausübung und Reflexionsfähigkeit in der Führung.

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Identifikation von Genderaspekten in agilen Vorgehensweisen/ Praktiken

Prof. Dr. Martine Herpers

Workshop 12.00 - 12.45 Uhr

Zunächst erinnerte Martine Herpers an fünf Praktiken der agilen Methoden und benannte im Folgenden genderrelevante Dimensionen. Sie kündigte an, dass sie im weiteren Verlauf des Workshops eine Umfrage unter den Teilnehmer/innen durchführen wollte. Als agile Praktiken benannte sie folgende:

  • Die Kund/innen vor Ort und User Stories (Anforderungsspezifikationen)
  • Die tägliche Arbeit / Dailies / Task Board
  • Burn Down Chart
  • Pair Programming
  • Test First

Die im Anschluss erläuterten genderrelevanten Dimensionen waren immer binär: systematisch vs. spontan, kommunikativ vs. introvertiert, Teamwork vs. Einzelleistung, Expert/innentum vs. strukturelle Hierarchie, Kund/innenorientierung vs. Technikorientierung. Dabei ging es um die Frage, warum sie als Frau eigentlich keine Technik machen dürfte, da sie beobachtet hatte, dass Frauen sich immer unter einem Rechtfertigungsdruck befinden und sich erst technisch beweisen müssen, statt die eigentlichen Methoden zu erklären. Es stellte sich die Frage, ob solche Zuschreibungen überhaupt gemacht werden sollten und wie notwendig diese sind.

In Bezug auf die einzelnen agilen Praktiken fragte sie, was denn Teamarbeit bedeute und ob Einzelleistungen oder der Programmcode im Vordergrund stünden. Ein spannendes Zitat dabei lautete: „Ist toll, dass man das agil nennt. In Wirklichkeit sind das knallharte Regeln.“ Anschließend ging sie kurz auf die schon angeschnittenen generellen Dimensionen ein, wo Unterschiede vermutet werden:

  • Arbeitet das Team schon lange mit den Methoden oder erst seit kurzem?
  • Ist das Team neu zusammengesetzt oder eingeschworen?
  • Ist keine Frau im Team / eine Frau im Team / sind mindestens 30 % Frauen im Team?

Generell machte sie deutlich, dass sie Vorurteile ausräumen möchte. Alle Geschlechter können gleich gut mit Technik umgehen. Zuletzt betonte sie noch, dass bei Pair Programming hauptsächlich die Einzelleistungen im Vordergrund stehen und es hierbei spannend wäre, zu erforschen, was Frauen zugeschrieben wird.

Prof. Dr. Martine Herpers spricht vor den Teilnehmer/innen ihres Workshops

Identifikation von Genderaspekten in agilen Vorgehensweisen/ Praktiken

Anschließend bat sie die Teilnehmer/innen über ein Feedback-System Fragen zu beantworten, mit dem zeitgleich beobachtet werden kann, was an Meinungen, Einschätzungen und Äußerungen im System verfasst werden. Insgesamt nahm die Befragung großen Raum ein, so dass relativ wenig Diskussion stattfand. Es wird abzuwarten sein, was Martine Herpers an Ergebnissen herausfindet.

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Agiles Projektmanagement in Praxisprojekten mit Studentinnen

Prof. Dr. Juliane Siegeris

Workshop 12.00 - 12.45 Uhr

Juliane Siegeris eröffnete Ihren Workshop mit der Frage, mit der Jutta Eckstein endete: „Was wäre anders, wenn der IT-Sektor bereits gleichberechtigt wäre? Wie kommen wir dahin?“ Dazu ist ihr Ansatz, einen Studiengang Informatik und Wirtschaft nur für Frauen anzubieten, wobei 80 % Informatik und 20 % Wirtschaft gelehrt wird. Das Studium läuft in Regelstudienzeit sechs Semester, wovon drei theoretische und drei praktische Semester sind. Gegenstand des Studiums sind Grundlagen der Informatik, Praktische Handlungsfähigkeiten, Projekte I in der Wirtschaft, Praktikum, Projekte II in der Wirtschaft und eine abschließende Bachelorarbeit.

Workshopleiterin Prof. Dr. Juliane Siegeris sortiert Ergebnisse an einer Stellwand

Agiles Projektmanagement in Praxisprojekten mit Studentinnen

Hauptmerkmal des Studiengangs ist, dass er sehr praxisorientiert ist, bereits im dritten Semester werden Projekte mit Unternehmen durchgeführt. Das Projektmanagement war von der Vorgehensweise bisher klassisch. Die Projekte wurden vorgestellt, anschließend gab es Teambildungsprozesse, gefolgt von einer Zwischenpräsentation und zuletzt eine Projektmesse mit den Auftraggeber/innen. Inzwischen kommt aus den Unternehmen der Wunsch, agiles Projektmanagement umzusetzen. Folgende Fragen werfen sich dabei auf: Wie sollen sich die Teams finden? Welche Rollen soll es geben? Wie muss das Projekt begleitet und was soll eigentlich bewertet werden?

Dabei treten einige Schwierigkeiten auf: Wenn sich die Teams ohne Intervention bilden, dann sind sie häufig sehr homogen, es geht nach Sympathie oder sogar nach Ethnie. Bei der Frage nach den Rollen ist unklar, wie sich darin eigentlich die Lehrperson verortet. Und schließlich die Bewertung: Was soll bewertet werden, da beim agilen Projektmanagement nicht gewertet wird, aber im Rahmen des Studiums bewertet werden muss?

Zur Diskussion der Fragestellungen wurden drei Gruppen zusammengestellt. Zwei davon diskutierten die Frage: „Welche Kriterien sollen bei der Team-Zusammensetzung berücksichtigt werden?“ Eine Gruppe diskutierte die Frage: „Wie soll die Bewertung aussehen?“

Daraus entstanden folgende Ergebnisse:

1. Teamzusammensetzung

  • Lehrveranstaltungen (1. + 2. Semester) zu den Themen Kommunikation, Konfliktmanagement, Zeit- und Projektmanagement, Arbeitskriterien
  • Alternativ Kick-off Kompaktseminar
  • Notwendige Kompetenzen ausarbeiten

2. Diversität

  • Zur Teamzusammenstellung aus Kompetenztöpfen losen
  • Beratung um eigene Kompetenzen zu erkennen
  • Vorhandene ODER zu erwartende Kompetenzen können benannt werden

3. Bewertung

  • Gegenseitiges Bewerten führt zu neuen Problemen, daher unterstützende Kritik
  • Gar keine Bewertung (in Hochschulen muss bewertet werden)
  • Prozess statt nur Endergebnis bewerten (Aufsplitterung Benotung, Artefakt und Prozess)

4. Reflexionsbericht

  • Was habe ich gelernt? (Inhaltlich, sozial/Team)
  • Irrwege auch positiv bewerten
  • Scheitern als Chance

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Modellprojekt Reallabor - Wie Unternehmen praktisch von Geschlechterforschung profitieren

Michael Ahmadi & Anne Weibert 

Workshop 13:45 - 14:30 Uhr

Michael Ahmadi und Anne Weibert stellten in diesem Workshop die verwendete Methodik der Reallabore vor. Reallabore stellen eine wissenschaftliche Untersuchung von Unternehmen im Praxisbetrieb, also unter realen Bedingungen, dar. Hierbei sollen die Arbeitsschritte der Beforschten näher untersucht und zusammen mit dem Unternehmen analysiert werden. Dazu skizzierten sie anhand eines methodologischen Kreises die zyklischen vier Abschnitte des Vorgehensmodells:

  • Betrachten: Teilnehmende Beobachtungen, Expert/inneninterviews, etc..
  • Reflektieren: Evaluation, Qualitative Analyse, Fokusgruppen
  • Planen: Explikation, Interventionsdesign
  • Handeln: Intervention

Diese Abschnitte folgen zwar linear aufeinander, sind aber nicht in sich abgeschlossen, so dass es zu einem permanenten iterativen Vorgehensmodell kommt und die Kreise immer wieder von neuem beginnen. Dazu wurde auf Nachfrage auf die Fragestellungen der einzelnen sechs Reallabore eingegangen. Es gibt pro Reallabor eine oder mehrere spezifische Fragestellung(en), die aus dem Unternehmen heraus formuliert wurden. Dadurch soll verhindert werden, dass durch externe Fragestellungen die spezifischen Thematiken der Unternehmen nicht aufgegriffen oder sogar ignoriert werden. Bei zwei Reallaboren gibt es sogar eine gemeinsame Fragestellung, welche sich für einen späteren Vergleich der Reallabore untereinander eignet. Wichtig war den Vortragenden jedoch, dass die Lösungen, die die Reallabore liefern sollen, immer gemeinsam mit den Unternehmen entwickelt werden, um Fremdzuschreibungen abermals vorzubeugen.

Anne Weibert trägt Ergebnisse der Diskussion zusammen

Modellprojekt Reallabor - Wie Unternehmen praktisch von Geschlechterforschung profitieren

Nach einer kurzen Erläuterung der verwendeten Methodik und der Reallabore an sich wurden beispielhaft Zitate aus erlebten Situationen in den Reallaboren vorgetragen, die auf einen tiefgreifenden Sexismus innerhalb der Unternehmen hindeuten. Anschließend haben sich die Teilnehmer/innen des Workshops in vier Gruppen aufgeteilt und diskutiert, in welchen Bereichen sie als Unternehmen am ehesten aktiv werden würden: Vereinbarkeit von Beruf und Familie („Elternzeit ist für alle Geschlechter selbstverständlich“), Außendarstellung des Unternehmens („hier fühlt sich jede/r angesprochen“), Stereotype in Unternehmenskulturen oder Berücksichtigung von Gender in der Programmierung und Entwicklung.

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Frauen außerhalb ihrer Komfortzone - Lessons Learned aus der Praxis agiler Softwareentwicklungsprozesse

Edna Kropp

Workshop 13.45 - 14.30 Uhr

Zu Beginn des Workshops stellte Edna Kropp die Frage, wie es in der agilen Softwareentwicklung gelingt, Aufmerksamkeit, Anerkennung und Einfluss zu erreichen, um selbstbestimmt arbeiten zu können und interessante Aufgaben zu erhalten. Als Ausgangsthese diente ihr Reinhard K. Sprengers „Mythos Motivation“, wonach Menschen Leistung erbringen wollen und es sich dabei um ein Zusammenspiel handelt aus:

  • Leistungsbereitschaft (Wollen)
  • Leistungsfähigkeit (Können)
  • Leistungsmöglichkeit (Dürfen) 

Edna Kropp stellt die These auf, dass das Wollen der wichtigste Punkt sei. Ist die Motivation für eine Aufgabe groß, so wiege dies mehr, als wenn zwar die Fähigkeit für die Aufgabe vorhanden ist, aber keine Bereitschaft: „Wenn es etwas gibt, was ich nicht kann, aber sehr stark möchte, ist das ebenfalls eine gute Voraussetzung, um eine Aufgabe gut zu machen und entsprechend selbstbewusst aufzutreten.“

Edna Kropp referiert zu ihrem Thema "Frauen außerhalb ihrer Komfortzone - Lessons Learned aus der Praxis agiler Softwareentwicklungsprozesse"

Frauen au&szlig;erhalb ihrer Komfortzone - Lessons Learned aus der Praxis agiler Softwareentwicklungsprozesse

Der zweite Teil des Workshops bestand aus Rollenspielen in kleinen Gruppen. Jede Gruppe erhielt drei Situationen aus dem Berufsleben, in denen Frauen von Männern nicht angemessen behandelt oder angesprochen wurden. Eine Person je Gruppe sollte darauf reagieren. Darauf erfolgte der Austausch in der Gruppe unter Bezug auf folgende Fragen:

  • Wie hätten die anderen reagiert?
  • Was wäre eine vorteilhafte Reaktion gewesen?
  • Ist die Reaktion innerhalb der eigenen Komfortzone?
  • Was waren die Erfahrungen? 

Die Ergebnisse der einzelnen Gruppen wurden abschließend gemeinsam diskutiert. Als Lösungsmöglichkeiten für solche Situationen wurden genannt:

  • Möglichst nicht defensiv reagieren
  • Mit Witz ist es häufig leichter anzugehen
  • Schwer zu reagieren fällt es, wenn die Dinge subtiler Art sind
  • Sich überlegen, wie sich die Situation zum eigenen Vorteil umkehren lässt

Dazu ergänzte Edna Kropp, dass sich die Beteiligten die Frage stellen sollten: „Wie schaffe ich mir ein positives Umfeld, um aktiv zu gestalten und nicht von anderen gesteuert zu werden?“ Dazu stellte sie folgende Maßnahmen außerhalb der Komfortzone vor:

  • Sichtbarkeit erhöhen/ Wort ergreifen / Zuständigkeiten aktiv wählen (Rollen)
  • Herausfordernde Aufgaben suchen: zu technisch/komplex gibt es nicht / eigene Leistung messbar machen/ Potential zeigen
  • Vernetzen – wer hat Einfluss und kann mich unterstützen?
  • Selbstbewusste Haltung – was lässt mich gut fühlen? Wie kann ich positive Erlebnisse sammeln und meine Stärken zeigen?
  • Wertschätzendes Gehalt aushandeln

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Wieviel Story Points bekommt Diversity?

Helena Barke

Workshop 14.45 - 15.30 Uhr

Im Mittelpunkt des Workshops stand die Frage, wie sich Diversity und Gender in SCRUM-Prozessen wiederfinden und welche Auswirkungen dies auf das Handeln der am Prozess beteiligten Teammitglieder hat. Helena Barke stellte im Rahmen des Workshops ihre bisherige Forschung zu dieser Frage vor. Dabei fokussiert sie sich auf qualitative Methoden wie Interviews und Arbeitsbeobachtungen und folgt damit dem Ansatz der Grounded Theory, um Softwareentwicklungsteams zu analysieren.

Helena Barke erläutert die Inhalte ihres Workshops "Wieviel Story Points bekommt Diversity?"

Wieviel Story Points bekommt Diversity?

Interaktiv erkundete Helena Barke mit den Teilnehmer/innen im Workshop zunächst die Methode. Dabei wurden alle zunächst eingeladen, auf einem Papier ihr Team zu zeichnen. In Zweier-Teams beantworteten die Teilnehmer/innen sich im Anschluss dann gegenseitig die folgende Frage: „Bitte erzähle mir etwas über jedes Teammitglied.“ Dabei ist die erste Assoziation immer die richtige, das Wichtigste ist auch beim Zeichnen das, was zuerst dargestellt wird. Anschließend setzten sich die Teilnehmer/innen paarweise zusammen und sollten sich wechselseitig unkommentiert etwas über die Teammitglieder berichten. Auch hier erläuterte Helena Barke dass es von hoher Relevanz ist, was zuerst berichtet wird.

Im Folgenden machten sich die Teilnehmer/innen Stichpunkte zu den Dimensionen von Diversity. Dabei ist relevant, wie groß die Unterschiede in der Selbsteinschätzung sind und wie viele Story Points benötigt werden. Darüber wird in der Praxis nicht gesprochen, obwohl es die Methode erfordert, genau das zu reflektieren. Weshalb braucht eine Person drei Story Points und eine andere benötigt zwölf? Möglich ist, dass die Kompetenz unterschiedlich ist: eine Person ist erfahren und braucht nur drei, eine andere Person, die neu ist, braucht zwölf. Es kann aber auch sein, dass sich die Selbstwahrnehmung stark von der Fremdwahrnehmung unterscheidet und dass das tatsächlich diskutiert werden muss. Mangelnde Reflexion in der Teamwahrnehmung und dieser Prozesse stellt das Hauptproblem nach Helena Barke dar.

Anhand der praktischen Erfahrungen aus dieser Übung diskutierte Helena Barke die Rolle von Diversity und Gender im SCRUM-Prozess. Auf Basis der Ergebnisse aus ihren Interviews legte sie dar, wie die internen und externen Faktoren der Dimensionen von Vielfalt („Diversity-Wheel“) bestimmen, wie die einzelnen Mitglieder eines Teams wahrgenommen und Team-Situationen bewertet werden.

Zum Diversity-Management gehört, dass alle Mitglieder gleichermaßen an Team-Ergebnissen teilhaben können. Es reicht nicht, allen die gleichen Voraussetzungen zu schaffen, sondern es muss auf deren Dimensionen geschaut und die Ressourcen so verteilt werden, dass Teilhabe für alle möglich ist. Die Kernfragen dabei lauten:

  • Wer sind meine Teammitglieder und welche Diversity-Dimensionen bringen sie mit?
  • In welchen Situationen werden diese Dimensionen relevant? (Wann spielt es z. B. eine Rolle, ob jemand ein Mann oder eine Frau ist?)
  • Welche Möglichkeiten habe ich, um Ausgleich zwischen den Dimensionen zu schaffen?

Helena Barke erläuterte, wie sich im Interview die Schätzung als Möglichkeit herauskristallisiert hat, Teamsituationen zu bewerten. Diversity-Dimensionen werden dabei implizit mitgedacht. In User Stories zeigt sich, dass sowohl eigene Fähigkeiten, als auch die der Teammitglieder und Diversity-Dimensionen implizit zusammengehen, wenn Situationen bewertet werden. Ein Austausch über diese impliziten Annahmen und genderbehafteten Kompetenzzuschreibungen passiert in Teams laut Helena Barke bisher eher nicht. Dies kann aber eine wichtige Grundlage dafür sein, um Veränderungen und einen Ausgleich zwischen den Dimensionen – darunter Gender – zu schaffen.

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"Wir machen Daily - und wann sind wir agil?"

Ruth Steinseifer

Workshop 14.45 - 15.30 Uhr

Zum Einstieg stellte Ruth Steinseifer die beiden Attribute „kompliziert“ und „komplex“ einander gegenüber. Kompliziertheit ist das Maß für Unwissenheit, Komplexität das Maß für Überraschungen. Komplizierte Dinge wie Computer und Kaffeemaschinen sind beherrschbar, während komplexe Dinge, zu der auch die Softwareentwicklung gehört, unvorhersehbar und damit nicht gut beherrschbar sind. Im Folgenden nannte sie weitere Attribute, die das gegensätzliche Begriffspaar kennzeichnen:

Im Folgenden nannte sie weitere Attribute, die das gegensätzliche Begriffspaar kennzeichnen:

  • Kompliziert = planbar, steuerbar, vorhersehbar, Roboter/Maschinen, tot, Wissen, Regeln, Fleiß.
  • Komplex = nicht planbar, nicht steuerbar, unvorhersehbar, Mensch/Wetter, lebendig, Können, Prinzipien, Ideen, Kommunikation.

Folgende Hauptpunkte stellte Ruth Steinseifer dar:

  • Softwareentwicklung ist komplex, die Welt/ der Markt ist komplexer geworden. Reagieren auf äußere Umstände ist schnelllebig, alles kann sich jederzeit ändern. 
  • Komplexität kann nicht automatisiert werden, nur menschliches Können kann das, der Mensch rückt in den Fokus.

Anschließend stellte Ruth Steinseifer das Menschenbild nach McGregor vor. Darin gibt es zwei Menschentypen: den X- und Y-Typ. Der X-Typ ist faul, fremdgesteuert und macht Dienst nach Vorschrift, der Y-Typ ist intrinsisch motiviert, leistungsbereit und möchte aus sich selbst heraus Verantwortung übernehmen. Der X-Typ geht der Arbeit so gut es geht aus dem Weg, ist prinzipiell von außen motiviert und daher durch extrinsisch ausgerichtete Maßnahmen zu belohnen oder zu sanktionieren. Der Y-Typ hingegen erlegt sich zur Erreichung sinnvoller Zielsetzungen bereitwillig strenger Selbstdisziplin und Selbstkontrolle auf. Er sieht Arbeit als Quelle der Zufriedenheit und hat Freude an seiner Leistung. Auch Verantwortungsbewusstsein und Kreativität kennzeichnen den Y-Typ.

Workshopleiterin Ruth Steinseifer heftet eine Notiz an ein Flipchart

"Wir machen Daily - und wann sind wir agil?"

Die Teilnehmer/innen wurden aufgefordert sich selbst und andere zuzuordnen. „Sind Sie eher ein X- oder Y-Typ?" und "Wieviel Prozent Ihrer Kolleg/innen sind X-Typen?“ Die meisten haben sich selbst als Y-Typen bezeichnet und nur weniger andere als X-Typen eingestuft. Daraus wurde gefolgert, dass es den X-Typ nicht gibt; es kommt auf den Kontext an, indem gearbeitet wird. Menschen verhalten sich so, wie es die Situation erfordert.

Als These formulierte Ruth Steinseifer, dass der Y-Typ die Voraussetzung für Agilität ist. Damit würde die Eingangsfrage beantwortet wie folgt: Wir sind dann agil, wenn wir dieses Menschenbild verinnerlicht haben. Am Ende des Workshops forderte Ruth Steinseifer die Teilnehmer/innen auf, ihre persönlichen Schmerzpunkte aufzuschreiben, die Hinweise darauf sind, dass dieses Menschenbild noch nicht verinnerlicht ist und daher verhindert, agil zu arbeiten oder agil zu sein.

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Visuelle Kommunikation im Projekt - Geschlechtsspezifische Auswirkungen in SCRUM-Teams

Miriam Hamel

Workshop 14.45 - 15.30 Uhr

Mittels eines Grafiktablets visualisierte Miriam Hamel ihren Vortrag zur SCRUM-Methode. Die Methode wurde 1990 nutzbar gemacht. Vorteile von SCRUM sind, dass Projekte schneller durchlaufen werden, die Qualität der Projekte steigt und die Kosten sinken. Die Besonderheit der SCRUM-Methode ist das prozessuale Vorgehen und die Vision, die zu Beginn des Projekts formuliert wird.

Im Folgenden ging sie auf die Vorteile einer Live-Visualisierung ein: Das Publikum herkömmlicher Präsentationen ermüdet eher, weil es nicht gleichzeitig lesen und zuhören kann. Bei einer Live-Visualisierung verfolgt das Publikum die Entstehung des Inhalts aufmerksam. Beim Publikum entsteht ein Effekt, ähnlich dem beim Betrachten eines Films: Die Aufmerksamkeit ist erhöht, da die Entstehung des Bildes verfolgt wird.

Einer Studie zufolge behalten Zuhörer/innen einer Live-Visualisierung die Inhalte deutlich besser als diejenigen, die einer herkömmlichen Präsentation folgten.

Nach drei Stunden wurden die Proband/innen befragt, wie viel vom Inhalt sie behalten haben:

  • 70 % des Inhalts hatten die Proband/innen der PowerPoint-Präsentation behalten,
  • 85 % des Inhalts hatten die Proband/innen mit Live-Visualisierung behalten.

Der Unterschied ist hier noch nicht so groß. Bemerkbar macht er sich aber nach drei Tagen:

  • 10 % des Inhalts hatten die Proband/innen der PowerPoint-Präsentation behalten,
  • 65 % des Inhalts hatten die Proband/innen mit Live-Visualisierung behalten.

Deutlich mehr Personen haben demnach die Inhalte der Live-Visualisierung behalten.

Mit ihrer Methode stellte Miriam Hamel den SCRUM-Prozess dar. Dabei wurde deutlich, dass es wichtig ist, beide Geschlechter abzubilden. Darüber entfachte sich eine Diskussion, inwieweit das notwendig ist oder nicht. Die folgenden drei Fragen sollten im Rahmen eines World Cafés diskutiert werden: Gibt es Unterschiede im Arbeitsklima bei geschlechtshomogenen Gruppen vs. geschlechtergemischten Teams? Gibt es Auswirkungen auf das Vorgehen bei den Sprints bei unterschiedlicher Besetzung der Teammitglieder? Gibt es Auswirkungen auf die Ergebnisse bei gleich- und gemischtgeschlechtlichen Teams?

Miriam Hamel steht während des Workshops am Rednerpult

Visuelle Kommunikation im Projekt - Geschlechtsspezifische Auswirkungen in SCRUM-Teams

Aufgrund der geringen Teilnehmer/innenzahl war die Durchführung eines World Cafés nicht möglich. Somit diskutierte der Teilnehmer/innenkreis die erste Frage „Gibt es Unterschiede im Arbeitsklima bei gleichgeschlechtlichen und geschlechtergemischten Teams?“ am Beispiel einer Lehrveranstaltung und visualisierte diese parallel.Dabei kam heraus, dass in gleichgeschlechtlichen, weiblichen Gruppen die Interaktion stärker ist und mehr Fragen gestellt werden, gegenüber gemischtgeschlechtlichen Gruppen mit überwiegendem Männeranteil. Dort wird sehr viel weniger gefragt und es findet sehr viel weniger Interaktion statt. Dies hat wiederum Rückwirkungen auf die Sprecher/innen, die dann davon ausgehen, es sei klar, was vorgetragen würde.

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GENDER//WISSEN//INFORMATIK" in den soziale Netzwerken