Vernetzungsmöglichkeiten von Frauen in der IT

Carina Thewald

(Bosch Engineering GmbH)

Workshop 13:30 – 14:30 Uhr

Frauen sind nicht nur in technischen Berufsfeldern sondern – als logische Konsequenz – auch seltener in Tech-Communitys vertreten. Carina Thewald will in ihrem Workshop herausarbeiten, weshalb es wichtig für Frauen ist, eigene Netzwerke in der IT zu betreiben. Gründe für die Unterrepräsentanz von Frauen in der IT sieht Carina Thewald u. a. darin, dass...

  • Studiengänge, sog. Hacker- und Makerspaces nicht explizit für Frauen ausgelegt sind,
  • Stereotype wirken (Mädchen sind schlecht in Mathe, Frauen können keine Technik),
  • das Selbstbewusstsein von Frauen im Hinblick auf Technik weniger stark ausgeprägt ist,
  • Mädchen seltener einen Computer im Kinderzimmer haben als Jungen und dadurch größere Hürden entstehen,
  • die Perspektiven von marginalisierten Gruppen (wie z. B. Frauen) keinen Widerhall in technischen Produkten finden.

Um hier Abhilfe zu schaffen, schlägt Carina Thewald vor

  • Frauen ausdrücklich zu entsprechenden Konferenzen einzuladen,
  • Panels im Rahmen von Konferenz auch mit Frauen zu besetzen,
  • Raum für weibliche Rollenmodelle zu schaffen,
  • Gender zu thematisieren.

Da die Tech-Communitys überwiegend männlich besetzt sind und es für Frauen nicht einfach sei, in einer Umgebung nur mit Männern zu agieren, fokussiert Carina Thewald darauf, wie Räume und Strukturen geschaffen werden können und zu gestalten sind, in denen Frauen miteinander interagieren können. Die Schwierigkeiten, auf die Frauen in Männercommunitys stoßen, sieht Carina Thewald darin, dass

  • Gender ein Gewicht bekommt und damit eine ungewollte Beachtung findet,
  • die Kollegin auf ihr Geschlecht reduziert wird,
  • sie für alle Frauen spricht,
  • bei Schwierigkeiten Stereotype „anspringen“ wie „Frauen können das ja ohnehin nicht“,
  • männliche Redeanteile überwiegen, sofern nicht moderiert wird,
  • ohne Verhaltenskodex wenig Sensibilität gegenüber anderen Interessen besteht

Infolgedessen sind Frauennetzwerke sinnvoll und können dazu beitragen, einen niedrigschwelligen Einstieg in IT-Communitys zu ermöglichen. Es sei leichter, von Frauen zu lernen und sie haben möglicherweise weniger Ängste Fragen zu stellen, die ansonsten ggf. abqualifiziert würden.

Frauennetzwerke bieten also gemeinsames Lernen, Wissens- und Erfahrungsaustausch. Darüber hinaus kann es hilfreich sein, eine Anlaufstelle dafür zu haben, um über Diskriminierungserfahrungen sprechen zu können und miteinander solidarisch zu sein. Spezielle Hackathons für Frauen, weibliche Vorbilder und insgesamt die Erhöhung der Sichtbarkeit von Frauen in der IT können durch Frauennetzwerke gefördert werden.

Carina Thewald berichtet weiterhin, dass es unternehmensintern durchaus bereits Netzwerke für Frauen gibt – z.  B. „Women at Bosch“ – diese aber häufig eher das Defizitäre betonen und herausstellen, dass Frauen besonders gefördert werden müsste. Sie wünscht sich daher eher unternehmensunabhängige Netzwerke, in der die persönlichen Interessen und Stärken im Vordergrund stehen. Auch sei der Blick über den Tellerrand des eigenen Unternehmens ebenfalls förderlich.

Als bestehende Frauennetzwerke stellt Carina Thewald folgende vor:

  • Rails-Girls – der Name leitet sich ab von „Ruby on Rails“, ist eine 2010 von einer Finnin ins Leben gerufene Initiative, die kostenlose Programmierworkshops anbietet, mittlerweile an vielen Standorten europaweit,
  • Heart of Code e. V., ein Hackerspace für Frauen in Berlin mit einem zugehörigen Blog „F.U.C.K. – Frauen und Computerkram“
  • Digital Media Women (die eine Zentrale in Stuttgart haben)
  • „She*fix! - A feminist youtube channel for tech tutorials“, initiiert im Rahmen der re:publica 2018

Im Folgenden wirft Carina Thewald die Frage auf: „Wie kann ein lokales Frauennetzwerk aufgebaut werden?“ Dazu fordert sie die sechzehn Teilnehmerinnen und drei Teilnehmer zum Erfahrungsaustausch auf und möchte bekannte IT-Frauennetzwerke sammeln. Von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern wurden genannt:

  • Deutsche Flugsicherung: Frauennetzwerke, Mentoring-Programme und hunderte weitere
  • Diversity-Management im Unternehmen
  • Kombinationsstelle Gender-Equality-MINT ans das Gleichstellungsbüro der Hochschule angegliedert, die Feriencamps und Mentoring-Programme durchführt
  • Verein Deutscher Ingenieure verfügt über Frauennetzwerk im ingenieurtechnischen Bereich
  • Meetups auf Konferenzen (die sich aber nicht unbedingt an Frauen richten)
  • Vernetzungsplattform „IT&me“

Nachdem die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihre Kenntnisse zu Frauennetzwerken dargelegt haben, konkretisierte Carina Thewald ihre Fragestellung: „Wie kann die Vernetzung von Frauen in der IT außerhalb der Unternehmen im Großraum Heilbronn verbessert werden?“ Dazu sollten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihre Ideen auf Moderationskarten schreiben. Zur Anregung der Diskussion sollten folgende, weiterführende Fragen mit in die Überlegungen aufgenommen werden:

  • Muss es überhaupt Frauen-IT-Netzwerke geben?
  • Muss es ein reines IT-Netzwerk sein?
  • Muss es ein reines Frauennetzwerk sein?
  • Wie können Frauen gefunden werden?
  • Was muss dabei beachtet werden?
  • Wie wird dies am besten angegangen?

Anschließend pinnte Carina Thewald die beschriebenen Karten an eine Stellwand. Es wurde festgehalten, dass es schwierig sei, das Engagement für Netzwerke in den Berufsalltag zu integrieren. Der Vorteil von interdisziplinären Gruppen wurde hervorgehoben, da sie den Horizont erweitern helfen. Frauennetzwerke erzeugen zudem einen Struktureffekt: „Frau ist nicht allein“, was ebenfalls positiv hervorgehoben wurde. Es gelte weiterhin, passende, digitale Plattformen zu finden. WhatsApp könnte genutzt werden und gibt es Alternativen zu Xing? Generell wurde „echte“, analoge Netzwerke mit persönlichem Kontakt als wertvollste Variante identifiziert.

Ziel und Zweck eines Frauennetzwerks besteht in gegenseitiger Unterstützung, dient dem Erfahrungsaustausch und der Bewusstseinsbildung, aber auch der Sichtbarmachung von Frauen in der IT, die zugleich auch Rollenvorbilder darstellen. Auch Mentoring im Sinne von Weitergabe des Fachwissens findet innerhalb eines Netzwerks statt.

Wie können Frauen für Netzwerke gefunden werden, wurde anschließend diskutiert mit folgendem Ergebnis:

  • Social Media
  • Flyer
  • Listen der IT-Firmen
  • im eigenen Unternehmen
  • in der Universität
  • persönliche Kreise

Um ein Frauen-IT-Netzwerk am Leben zu erhalten, müssen E-Mail-Verteiler gepflegt, Newsletter versendet und Veranstaltungen organisiert werden. Als Formate eignen sich Workshops, Vorträge und Stammtische. Wünschenswert ist es, eine große, überregionale Vernetzungsveranstaltung der Gesellschaft für Informatik (GI) e.  V. durchzuführen, in deren Rahmen sich IT-Frauen bundesweit treffen können. Wichtig ist, mit Kooperationspartner/innen zusammenzuarbeiten wie z. B. Gleichstellungsstellen. Als weitere, mögliche Unterstützer/innen wurden genannt: Industrie- und Handelskammern (IHK), Connect IT (haben einen Stammtisch aber nicht explizit für Frauen), Städtische Einrichtungen und Incentives für Unternehmen, die Vernetzungsveranstaltungen unterstützen. Auch gilt es, Botschafter/innen zu finden, die andere Frauen ansprechen und einbinden. Für ein Netzwerk ist es förderlich, eine hauptamtliche Verantwortung zu finden, da das Zeitbudget als Ehrenamt für eine IT-Frau ansonsten nicht ausreicht. Eine einladende, offene Sprache ist ebenfalls wichtig, um möglichst viele Menschen anzusprechen.

Weshalb ist es so schwierig, bestehenden Frauennetzwerke zu finden? Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer fanden für diese Fragestellung Antworten, gaben weitere Hinweise zu bestehenden, lokalen Netzwerken:

  • Überwiegend Non-Profit-Netzwerke mit Ehrenamtlichen
  • Gehen unter durch gesponserte Algorithmen
  • Plattform zum Auffinden der Netzwerke von einer Teilnehmerin entwickelt
  • IT-Gruppe der Gesellschaft für Informatik in Heidelberg
  • Django Girls, ebenfalls in Heidelberg (Django Girls ist eine weltweite Initiative mit dem Ziel, Frauen für das Programmieren zu begeistern)
  • z. T. ist eine große Bekanntheit gar nicht erwünscht, Veranstaltungen sind bereits voll

Eine Teilnehmerin stellte ihre Plattform „beyond-EVE“ vor, die Netzwerke, Bildung, Forschung, Projekte und Programme bündelt und somit das Auffinden von Menschen mit gemeinsamen Interessen erleichtert.

Abschließend bedankte Carina Thewald sich bei den Teilnehmerinnen und Teilnehmern für den Austausch und stellte ihre E-Mail-Adresse zur Verfügung, für alle, die Interesse daran haben, sich im Raum Heilbronn als IT-Frau zu vernetzen.

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