Allein auf weiter Flur vs. die Zukunft ist weiblich. Quo Vadis Frauen in der IT?

Dr. Sabine Hahn

(selbstständige Beraterin)

Eröffnungsvortrag 9:30 – 10:15 Uhr

Sabine Hahn begrüßte die Teilnehmerinnen und Teilnehmer und kündigte an, aus ihren zehn Jahren Praxiserfahrung zu berichten. Diversity und Frauen und Tech sind ihre Leidenschaftsthemen – gleichzeitig sind es Themen, für die Unternehmen leider meist nicht viel Geld ausgeben. Es gibt aber viele Beispiele für sinnvolle Maßnahmen.

Sabine Hahn hat an der Universität Leipzig Kulturwissenschaften, Journalistik und Soziologie studiert und sich damit für einen Quereinstieg in einer komplett anderen Branche qualifiziert: Sie hat direkt nach dem Studium begonnen, in London in der Computerspielebranche zu arbeiten. Zunächst hatte sie sich im Ausland auf der Suche nach einem Praktikum eine Marketingfirma angeschaut und festgestellt: „Hochhackige Schuhe kann ich nicht“. Die Musikbranche fand sie inhaltlich spannend, befürchtete aber, dass dort kein sicheres Gehalt möglich ist. So kam sie zu einer Firma, die mobile Inhalte für Telefone – Klingeltöne und Handyspiele wie „Prince of Persia“, damals noch in Schwarzweiß – produziert hat. „Davon habe ich gar keine Ahnung, das möchte ich kennenlernen!“ war ihre Motivation.

Nach zehn Jahren im Tech-Bereich hat sich Sabine Hahn 2003 als Beraterin und Trainerin für digitale Transformation und Organisationsentwicklung selbstständig gemacht. Ihre Zielgruppe umfasst sowohl Einzelpersonen (z. B. Frauen, die nach der Familiengründung wieder in den Job einsteigen wollen), als auch Tech-Start-Ups (dort stellt sich die Frage nach Frauen gar nicht so sehr) und traditionelle Unternehmen (bei denen Kommentare fallen wie: „Ich habe gerne Frauen im Unternehmen, die sorgen für eine tolle Stimmung beim Weihnachtsfest“).

Die Games-Branche ist seit Anbeginn in vielen Teilen männerdominiert. Frauen waren lange Zeit hauptsächlich als „Deko“ präsent und kaum als Konsumentinnen. Auf der Games Convention in Leipzig 2005 hat Sabine Hahn einen Messestand für ihren damaligen Arbeitgeber verantwortet und sich um die Planung, das Marketing und die Durchführung gekümmert. An diesem Stand wurde sie mehrfach angesprochen: „Wann kommt denn eigentlich Ihr Chef?“. Diese Situation hat sie wütend gemacht, da sie das im internationalen Umfeld nicht so erlebt hatte. Sie war oft auf Veranstaltungen und oft die einzige Frau, hatte bis zu diesem Erlebnis aber nie ein Problem damit gehabt.

Die Rolle von Frauen in der Games-Branche ändert sich seit einigen Jahren deutlich. Dennoch gibt es, vor allem rund um die Gamescom, immer wieder Pressenanfragen zum Thema sexuelle Diskriminierung. Sabine Hahn lehnt diese ab, weil sie mittlerweile weiß, was Journalistinnen und Journalisten dazu hören wollen und sie für solche Schlagzeilen nicht mehr zur Verfügung steht.

2014 hat die Medienkritikerin Anita Sarkeesian besonders erfolgreich und medienwirksam immer wieder die Frage gestellt: Warum ist die Darstellung von Frauen in Spielen so, wie sie ist, und was macht das mit den Konsumentinnen und Konsumenten? Das Thema wurde „en vogue“. Zu gleichen Zeit hat Sabine Hahn beschlossen, dazu zu promovieren. Anlass zu dieser Entscheidung war ein Forschungsprojekt der Universität Paderborn, in dessen Rahmen sie kurz zuvor, neben weiteren Frauen aus der Games-Branche, ein Interview gegeben hatte. Sie wollte sich wissenschaftlich mit der Frage beschäftigen, warum die Branche so männerdominiert ist.

Die Darstellung von Frauen in Spielen sowie die Verhältnisse in Unternehmen und auf Veranstaltungen zu der Zeit erscheint besonders irritierend bei einem Blick auf die Statistiken: Ungefähr die Hälfte der Spieler/innen sind weiblich und das seit ca. 15 Jahren. Digitale Spiele sind schon lange kein Männerhobby mehr, das Klischee vom 14-jährigen männlichen Teenager, der im Keller an seinem Computer sitzt, ist überholt. Frauen sind gleichermaßen Konsumentinnen dieser Produkte. Aber wo sind sie in den Unternehmen? Welche Faktoren lassen sich für die Unterrepräsentanz von Frauen in der Spieleindustrie aufführen und hängen diese in irgendeiner Weise zusammen? Mit dieser Fragestellung hat Sabine Hahn sich mehrere Jahre lang beschäftigt. Im Rahmen der Lektüre ist sie unter anderem auf die Beschreibung des Chicken-Egg-Phänomens von Tracey Fullerton, einer amerikanischen Gamedesignerin, gestoßen: Junge Mädchen hätten mehr Interesse daran, Spiele zu entwickeln, wenn es mehr Spiele gäbe, die ihren eigenen Vorlieben und Interessen entsprechen. Einen ähnlichen Zusammenhang skizziert folgendes Zitat: „If we want to have (game) titles that reach a diverse audience, our workforce has to reflect that diversity“. Diese Aussage von Sheri Graner Ray stammt aus dem Jahr 2005, als in Großbritannien mehr Menschen mit körperlicher Behinderung (6 Prozent) als Frauen (5 Prozent) angestellt waren.

Auf Grundlage des Chicken-Egg-Phänomens sowie des Modells des „Virtuous Cycle“ hat Sabine Hahn versucht, Kausalzusammenhänge dafür zu finden, warum junge Frauen nicht an der Games-Branche interessiert sind. Liegt es an den Spielen? Liegt es an der mangelnden Sichtbarkeit? Liegt es daran, dass ihnen nicht die entsprechenden Produkte angeboten werden? Liegt es an den Produktionsbedingungen? Letzteres ist aus Sicht von Sabine Hahn nicht der einzige Grund, sie hält die These, dass es allein an den Unternehmen liegt, für falsch.

Erweitert sich die Perspektive, stellt sich die Frage: Gründen Frauen in der Games-Branche eigene Unternehmen, damit sie so arbeiten können, wie sie es sich vorstellen? Neben ihrer Dissertation hat Sabine Hahn auch ein Buch zu Gründerinnen in der Games- und Medienbranche veröffentlicht, das auf Interviews aufbaut. Dabei hat sie gelernt: Es gibt sehr wohl weibliche Role Models in der Tech- bzw. IT-Branche. Es reicht nicht, über die Rahmenbedingungen zu schimpfen. Das Problem ist vielfältig und lässt sich aus verschiedenen Perspektiven betrachten.

Aus Sicht von Sabine Hahn ist der Begriff  "IT-Branche" veraltet und benötigt eine Erweiterung, da sich viele neue Geschäftsfelder gebildet haben. „Frauen in Tech“ und „Tech-Branche“ bieten sich eher an. Bei einem Blick auf die Unternehmen der Tech-Branche wird schnell klar: Die meisten sitzen im Silicon Valley. Im Vergleich zu Deutschland gibt es in den USA fundamentale Unterschiede in der Unternehmenskultur und im Umgang mit Frauen und Karriere.

Die meisten Unternehmen bzw. Marken der Tech-Branche prägen maßgeblich unseren Alltag. Können wir uns 24 Stunden ohne Google, Apple, Microsoft oder Amazon vorstellen? Auch die Zahlen sprechen für sich: Unter den weltweit wichtigsten Unternehmen nach Marktwert sind nur drei Unternehmen, die nicht zur Tech-Branche gehören. Es gibt keinen Grund, warum junge Frauen kein Interesse haben sollten, in diesen Firmen zu arbeiten, denn sie sind groß, attraktiv als Arbeitgeber, und sie stellen Produkte her, mit denen die meisten Menschen unabhängig vom Geschlecht oder Alter jeden Tag zu tun haben. Die Rahmenbedingungen der Beschäftigung in diesen Unternehmen sind fern von grauen, staubigen Büros und es kann richtig Spaß machen, dort zu arbeiten. Die Autorin Belinda Parmar aus England hat für Ihr Buch „Little Miss Geek“ Kinder gefragt, wie sie sich Personen vorstellen, die in einem technischen Beruf arbeiten. Die gemalten Bilder und Texte zeigten deutlich: Junge Mädchen stellen sich Männer vor, die dem typischen Bild eines Nerds entsprechen. 

Wie viele Frauen arbeiten in der IT-Branche? Deutschland liegt auf Platz 20 von 41 OECD-Ländern mit einer Quote von 17 %. Das ist ausbaufähig, vor allem vor dem Hintergrund, dass 50 Prozent der Konsument/innen der entwickelten Produkte weiblich sind. Dazu kommt, dass Deutschland einen ausgeprägten Gender Pay Gap in der Tech-Branche hat. Auch diese Zahlen stimmen nachdenklich: Das Privatvermögen von Männern wie Jeff Bezos (131,5 Mrd. US-Dollar), Bill Gates (91,5 Mrd. US-Dollar) und Mark Zuckerberg (74,2 Mrd. US-Dollar) ist um ein vielfaches höher als das der drei reichsten IT-Unternehmerinnen Zhou Qunfei (10,0 Mrd. US-Dollar), Lam Wai Ying (5,3 Mrd. US-Dollar) und Denise Coates (3,6 Mrd. US-Dollar) (1). Unter den „Unicorns“, d. h. Start-Ups, die das Potential haben, auf einen Wert von über einer Milliarde US-Dollar geschätzt zu werden, gibt es kaum weibliche Teams.

Um diese Unterschiede anzugehen, müssen mehrere Bereiche betrachtet werden. Zunächst lohnt ein Blick auf die Ausbildungen. Wie viele Frauen sind in technischen Studiengängen? Diese Zahlen stimmen noch verhalten optimistisch. Viele Frauen interessieren sich für MINT-Fächer und studieren in diesem Bereich. Danach zeigt sich allerdings das „Leaky Pipeline“-Phänomen: Von der Ausbildung zum Job, vom ersten zum zweiten Schritt auf der Karriereleiter usw. gehen immer mehr Frauen verloren, wie bei einem Loch in einer Wasserleitung. Dazu kommt das „Glass Ceiling“-Phänomen, das Frauen daran hindert, ganz oben in der Führungsebene anzukommen. Und der bereits erwähnte Gender Pay Gap, der in der Diskussion nach der Geburt eines Kindes, wer wann wieder arbeiten geht, meist dazu führt, dass der Mann früher einsteigt, weil er mehr verdient. Nicht zuletzt tragen die Ausstiegsraten zum Problem bei. In Großbritannien hat rund ein Drittel der Frauen die Tech-Branche nach acht Jahren wieder verlassen.

Dagegen stehen die vielen positiven Beispiele und die Rollenvorbilder – es scheint also einen Weg zu geben. An dieser Stelle präsentierte Sabine Hahn einen 10-Punkte-Plan, der insofern selbstironisch gemeint ist, als dass es natürlich nicht ausreicht, zehn Fakten auf den Tisch zu legen, um die Probleme zu lösen. Dennoch sind die Punkte etwas Greifbares, das auf den Erfahrungen der Referentin aufbaut.

Der 10-Punkte-Plan kann drei Ebenen zugeordnet werden, in all diesen Bereichen müssen Maßnahmen ansetzen:

  1. Rahmenbedingungen
  2. Mindset und Motivation (sowohl von Seiten des Unternehmens als auch der Frauen)
  3. Kompetenzen

Politische Rahmenbedingungen

Frauen können in anderen Ländern z. T. unter völlig anderen Bedingungen arbeiten, aufsteigen und eine Familie gründen. Elternzeit, Elterngeld, Recht auf Teilzeit – all diese Dinge und viele weitere haben damit zu tun, ob Frauen in die Tech-Branche gehen und vor allem auch, ob sie dort gehalten werden können. Die Politik kann Frauen maßgeblich mit entsprechenden Regelungen und Förderungen unterstützen.

Diversity-Management

Hier bietet sich eine immense Bandbreite an möglichen Maßnahmen an, angefangen beim Teamfoto auf der Website. Werden Frauen als Role Models vorgestellt? Werden auch Kleinigkeiten aus der Lebensrealität von Frauen mitgedacht? Diversity-Management bedeutet, unterschiedliche Perspektiven operativ und strategisch im Management zu verankern und dafür zu sorgen, dass sich alle gleichermaßen integriert und wohl fühlen. Dazu gehört, dass wichtige Meetings nicht um 17 Uhr angesetzt werden, wo Mütter, die in Teilzeit arbeiten, nicht mehr im Büro sind.

Diverse Produktteams

Die Zusammensetzung der Teams macht etwas mit den Produkten. Frauen haben eine andere Perspektive auf Dinge, die im Alltag genutzt werden – völlig wertfrei. Dabei kann das Produkt auch eine Dienstleistung sein und neben Geschlecht spielen auch andere Faktoren wie Alter eine Rolle.

Frauenquoten

Trotz ihrer ambivalenten Haltung gegenüber Quoten ist Sabine Hahn davon überzeugt, dass die Entwicklung ohne Quoten zu langsam vorangeht. Freiwillig gesteckte, uneindeutige Ziele reichen nicht aus. Quoten können neben anderen Instrumenten nützlich sein, um Frauen zu fördern – nicht mehr und nicht weniger. Diese können entweder von der Politik vorgegeben oder unternehmensintern festgelegt werden.

Coaching und Mentoring

Es gibt verschiedene Formate von Coaching und Mentoring. Ein Coaching ist meistens ein Eins-zu-Eins-Setting, das immer mehr Unternehmen intern oder mit externer Unterstützung anbieten. Mentoring wird oft von Initiativen, Stiftungen und Vereinen angeboten. Es gibt in diesem Bereich schon viele Programme, es könnte aber auch noch mehr geben. Neben externem Mentoring sind informelles Mentoring und „Cross Generation Mentoring“ empfehlenswert. Das kann jemand in der eigenen Abteilung sein, der schon länger im Unternehmen ist und etwas vermitteln kann. Sabine Hahn berichtete von einem ehemaligen Chef, der als ein wichtiger Mentor in ihrer Karriere immer an ihrer Seite war und Unterstützung anbot, ohne sie „zu überfahren“,.Er stellte die richtigen Fragen  und nahm sie zu Veranstaltungen mit, wovon ihre Karriere sehr profitierte. Bedingt durch das Arbeiten im internationalen Kontext war ihr Geschlecht dabei nie ein Thema. Mentoring kann das Mindset verändern, sowohl bei Mentor/innen als auch bei Mentees.

Rollenvorbilder

Es ist wichtig, Rollenvorbilder zu finden und nach vorne zu stellen. Junge Frauen in der Tech-Branche brauchen Personen, die authentisch sind und mit denen sie sich identifizieren können, auch wenn es darum geht, Karriere und Familie zu vereinbaren. Es gibt viele Initiativen und Awards für Role Models in der Tech-Branche, bei denen die, die man sonst wie Nadeln im Heuhaufen sucht, im Mittelpunkt stehen.

Networking

Frauen können durch gezielte Vernetzung, z. B. bei Veranstaltungen, profitieren. Stabile Netzwerke gehören zu den wichtigsten Faktoren für die Karriereentwicklung. Das beginnt im eigenen Unternehmen: Bei einer Firma mit weltweit 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sollten Frauen die Chance nutzen, nicht nur am eigenen Standort Kontakte zu pflegen. Auch innerhalb einer Branche können Netzwerke hilfreich sein. Vernetzung braucht Zeit und Mut und viele Frauen nutzen sie noch nicht strategisch.

Coding-Workshops

Programmieren kommt im deutschen Bildungssystem zu kurz. Es findet weder im Kindergarten noch in der Schule ausreichend statt und wenn die Mädchen die Schule abschließen, sollen sie IT-Fächer wählen – aber woher sollen sie das Interesse haben? Zu warten, bis die Schulen soweit sind, würde zu lange dauern. Sabine Hahn hat selbst an der Universität Köln „Blended Learning“ doziert und anderen Lehrbeauftragten beigebracht, wie sie digitale Medien im Unterricht einsetzen. Es wird derzeit daran gearbeitet, wie digitale Medien in den Ausbildungsplan von Lehramtsstudent/innen integriert werden können. Das dauert viel zu lange. Es gibt jedoch immer mehr (private, geförderte, zum Teil auch kommerzielle) Coding-Schulen. Dort können junge Mädchen lernen, Technik zu verstehen und zu bedienen und damit eine essentielle Kompetenz für die Zukunft erwerben.

Sozialisation

Neben der Schule und neben Coding-Workshops spielt auch die Sozialisation eine wichtige Rolle. Das Umfeld muss Mädchen und jungen Frauen zutrauen, mit Technik umzugehen und Klischees wie „Du darfst nicht an den Computer, das machen die Jungs“ und „Programmieren ist nichts für dich“ vermeiden. Neben den formalen Bildungsstätten sind da vor allem die Eltern gefragt. Sie sollten Mädchen befähigen, mit dem Thema Technik Kontakt aufzunehmen, zum Beispiel im Rahmen des Girls’Day, und sie sollten sie ermutigen, an sich zu glauben.

Selbstbewusste Frauen

Es braucht Frauen, die in typischen Situationen wie einem Meeting mit 90 % Männern nicht müde werden, ihre Stimme zu erheben und ihre Ideen zu äußern. Es braucht Frauen, die sich nicht von ihrem Weg abbringen lassen, wenn sie auf einer Messe gefragt werden, wann denn ihr Chef käme, obwohl sie in der verantwortlichen Position sind. Es braucht Frauen, die Vorträge halten und sich in die erste Reihe setzen. Veranstalterin der Games-Branche berichten, dass häufig Männer die Vorträge halten, weil viele Frauen sich nicht trauen. Das ist schade, denn das Talent ist da, die Frauen müssen nur über ihren Schatten springen und es auch präsentieren. Die Bemühungen um mehr Frauen auf Podien hatten zum Teil sogar einen gegenteiligen Effekt: Häufig gibt es Panels, die nur aus Frauen bestehen, die dann über ihre Situation als einzige Frau sprechen sollen. Das empfinden die meisten als noch problematischer, da sie nicht als Unternehmerin oder Expertin, sondern als „Quotenfrau“ interviewt werden.

Es gibt Studien, die zeigen, dass Männer sich bereits auf Stellen bewerben, wenn sie von zehn geforderten Kriterien 4 oder 5 erfüllen, wohingegen Frauen es erst bei 8 bis 9 versuchen. Es braucht selbstbewusste Frauen, die wissen, was sie wollen und sich davon nicht abbringen lassen und die auch mal mit dem Ellenbogen agieren.

Das Fazit des 10-Punkte-Plans lautet:

  • Der Status Quo von Frauen in der Tech-Branche ist immer noch unbefriedigend.
  • Frauen in der Tech-Branche sind generellen sowie spezifischen Aspekten weiblicher Beschäftigung unterworfen.
  • Maßnahmen sind seit Jahren hinreichend bekannt und endlos diskutiert.
  • Die Verantwortung liegt an der Schnittstelle zwischen diversen Akteuren: Politik, Unternehmen, Forschung, Führungskräften, Unternehmerinnen und Arbeitnehmerinnen.
  • Es gibt keine evidenten Gründe, warum Frauen in der Tech Branche nicht stärker repräsentiert sein sollten.
  • We can do it – let’s do it!

Viele Punkte in diesem Plan sind nicht neu, doch in dieser Zusammenstellung ermöglichen sie unter Umständen eine neue Perspektive. Das Phänomen „Frauen in Tech“ ist ein sehr altes, die Facetten haben sich aber verändert. Da die Tech-Branche unterhaltsam, attraktiv und zukunftsträchtig ist, drängt die Frage, welche Rolle die Frauen dabei spielen, noch mehr. Die Missstände sind schon lange bekannt, doch es ist unklar, warum kaum etwas passiert. Maßnahmen werden zum Teil schon seit den siebziger Jahren diskutiert. Die Verantwortung liegt sowohl bei der Politik, als auch bei den Unternehmen und nicht zuletzt bei den Frauen selbst.

Im Laufe der Diskussion mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern wurden unter anderem die Statistiken zu Frauen in der Tech-Branche thematisiert. Diese sind oft schwer einzuordnen: Wird eine IT-Fachkraft in einem Krankenhaus oder eine Verwaltungsfachkraft in der Tech-Branche mitgezählt? Oft werden auch nur klassische Tech-Unternehmen, die Maschinen herstellen, betrachtet, und Marken wie Spotify, Netflix u. ä. außen vor gelassen. Die Zahlen sind also je nach Quelle und Kontext unterschiedlich. So oder so ist aber klar: Es sind noch zu wenige Frauen.

Sollten Frauen deshalb im Recruiting bevorzugt werden? Dazu wurde die Meinung geäußert, dass das Einstellen neuer Personen längst eine Teamentscheidung ist und die Erfahrung bestätigt, dass Diversity sowohl für die Kommunikation und die Atmosphäre als auch für die Produkte und Services positiv ist.

Es wurde außerdem über die Frage diskutiert, ob Frauen von anderen Frauen blockiert werden. Teilnehmerinnen berichteten sowohl davon, dass Frauen sich lieber an Männern orientieren und andere Frauen als Konkurrenz betrachten, als auch von sehr positiven Erfahrungen der gegenseitigen Unterstützung. Frauen, die bereits in der Tech-Branche arbeiten, müssen Verantwortung übernehmen, blinde Flecken erkennen und sich selbst fragen: Wie gehe ich mit Kolleginnen um? Gleichzeitig appellierte eine Teilnehmerin an die anderen, das Klischee der „Stutenbissigkeit“ bzw. des „Cat Fights“, das Männer zum Teil einkalkulieren, zu widerlegen. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren sich einig, dass es nicht sinnvoll ist, neben dem „Boys‘ Club“ einen „Girls‘ Club“ zu eröffnen – geschlechterübergreifende Vernetzung und Brückenbau nützen allen Beteiligten.

Mut macht ein Blick auf die jüngere Generation, die, so der Eindruck von Sabine Hahn, viel offener, selbstbewusster und optimistischer mit den Herausforderungen umgeht.

(1) Zahlen aus 2017 bzw. 2018, Quellen: Honeypot, Forbes, Unternehmensangaben

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