Begrüßung

Prof. Nicola Marsden

(Hochschule Heilbronn, wissenschaftliche Leiterin GEWINN)

9:15 - 9:30 Uhr

Nicola Marsden begrüßte als Verbundleiterin des Projekts GEWINN alle Anwesenden und berichtete zum Einstieg von einem Treffen mit einer Bekannten, die bei einem großen IT-Dienstleister arbeitet. Als ein neues, anspruchsvolles Projekt in Planung war, sagte ein Kollege zu ihr: „Du bist genau die Richtige dafür“. Die Freude über diese Aussage war bei der Bekannten allerdings schnell verflogen, als die Begründung folgte: „Du bist eine Frau, da eskalieren Sachen nicht so sehr“. Das ist ein Beispiel, wie das Thema „Förderung von Frauen in der IT“ nicht angegangen werden sollte – und es gibt viele weitere Anekdoten wie diese.

Der fünfte war gleichzeitig der letzte Fachtag im Rahmen des Verbundprojekts „Gender. Wissen. Informatik. Netzwerk zum Forschungstransfer des interdisziplinären Wissens zu Gender und Informatik (GEWINN)“, das vom BMBF gefördert wird. Die Partner sind die Hochschule Heilbronn, die Universität Siegen und das Kompetenzzentrum Technik-Diversity-Chancengleichheit e. V. Das übergeordnete Ziel ist, die Rolle von Frauen in Unternehmen zu stärken sowie eine Plattform zum Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis zu schaffen. Die erste Säule des Projekts ist die Übersetzungsarbeit: Das, was in den Genderwissenschaften erforscht wird, soll für Unternehmen nutzbar gemacht werden. Dazu gehören auch die fünf Fachtage im dreijährigen Förderzeitraum. Die vergangenen Fachtage haben sich mit „Agilität in der Softwareentwicklung“, „Organisationskulturen in der IT“, „Frauen in der IT-Branche: Neue Wege im HR-Management“ und „Gender in algorithmischen Systemen“ beschäftigt. Die zweite Säule besteht aus der Gestaltung von gendergerechter Software und Kultur, wofür aus der Arbeit in den Reallaboren Best Practices und Handlungsempfehlungen abgeleitet und nutzbar gemacht werden. Die dritte Säule – ebenfalls ein zentraler Punkt bei den Fachtagen – ist das Netzwerk. Da dies der letzte Fachtag war, spielte dieser Aspekt eine besonders große Rolle und es galt, gemeinsam für eine nachhaltige Vernetzung zu sorgen.

Weibliche IT-Talente entdecken, fördern und sichern: Für den ersten Schritt – Frauen für MINT und insbesondere die IT zu gewinnen – gibt es viele Initiativen, wie den Girls’Day – Mädchen-Zukunftstag und den Nationalen Pakt für Frauen in MINT (komm, mach MINT). Es scheint jedoch ein großes Problem innerhalb der Arbeitswelt zu geben. Das „Sichern“ wird häufig unterschätzt. Darauf wurde auch in der Ankündigung des Fachtags eingegangen: Ein Großteil der Frauen im Alter von 45 Jahren, die sich für ein Informatikstudium entschieden hatten, verlassen dieses Berufsfeld wieder. Nur 9 % bleiben. Bei Männern sind die Zahlen stabiler, wobei die Zahlen je nach Quelle variieren, kann insgesamt festgehalten werden, dass Frauen den erlernten IT-Beruf etwa vier Mal häufiger verlassen als Männer.

Was passiert in den Firmen? Die hinter dem zu Beginn genannten Beispiel stehenden Mechanismen spielen dabei eine Rolle, ebenso wie der „Prove-it-again-Bias“: Frauen müssen immer wieder beweisen, dass sie kompetent genug für ihre Positionen sind. Ebenfalls nicht unterschätzt werden sollte „Tokenism“: die Reduzierung auf das Geschlecht, was dazu führt, dass Frauen nicht in erster Linie als Mensch wahrgenommen werden. Dabei hat jeder und jede den Wunsch, gesehen zu werden, was Personen dazu bewegt, in Teams zu arbeiten. Teammitglieder sind sich einerseits alle ein bisschen ähnlich, andererseits kommen dort auch individuelle Besonderheiten zum Vorschein.

Es ist wichtig, den Blick konkret in die Unternehmen und in die Teams zu richten: Was kann dort getan werden, um Frauen zu fördern und zu halten? Es ist bekannt, dass Diversität im Team einen positiven Effekt hat.

Nicola Marsden verwies an dieser Stelle auf das Programm und stellte die Referent/innen und ihre Workshopthemen vor. Die Erfahrung aus den vergangenen Fachtagen hat gezeigt, dass sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer mehr Raum für Austausch und Tiefe wünschten: Das wurde aufgegriffen, indem die Workshopssessions verlängert wurden.

Im Sinne der Vernetzung wies Nicola Marsden außerdem auf weitere Projekte hin, die am Fachtag vertreten waren und Poster oder Workshopeinladungen mitgebracht hatten. Nach einigen organisatorischen Hinweisen zum Ablauf und zu den Räumlichkeiten bedankte sich Nicola Marsden für die Förderung durch das BMBF und äußerte die Hoffnung, dass viele gute Ansätze für die beschriebenen Herausforderungen gefunden werden – „Von wem, wenn nicht von uns?“.

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